Ketose
Krankheitsgeschehen der Ketose
Glucose ist der universelle Betriebsstoff für den Energiehaushalt des Rindes. Gewisse Zellen und Gewebe wie Gehirn, Erythrozyten oder das Euter zur Milchproduktion sind obligatorisch darauf angewiesen.
Der Mensch und die meisten nicht-wiederkäuenden Spezies haben das Privileg, genügend Glucose aus dem Darm zu resorbieren. Ihre Herausforderung ist es, nach Phasen der Resorption die Glucose in Form von Glycogen zu speichern und dann in Phasen des Fastens diese wieder zu mobilisieren. Die Herstellung von Glucose aus Laktat, Glycerol oder bestimmten Aminosäuren mittels der Gluconeogenese wird in Phasen des Hungers oder körperlicher Leistung zwar auch gesteigert, bleibt aber relativ unbedeutend.
Pathogenese
Dem Wiederkäuer steht im Darm nur wenig Glucose zur Resorption zur Verfügung, da die Kohlenhydrate bereits im Pansen zu den kurzkettigen Fettsäuren abgebaut und resorbiert wurden. Von diesen steht insbesondere Propionat für die Gluconeogenese (siehe Abb. 1) zur Verfügung. Die Konzentration an Propionat im Blut der Kühe ist kurz nach der Futteraufnahme am höchsten und nachfolgend auch die Aktivität der Gluconeogenese. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu den Nicht-Wiederkäuern. Das zentrale Organ für die Gluconeogenese ist die Leber. Messungen bei Schafen zeigen, dass sie 80 % der Syntheseleistung übernimmt. Bei den hochleistenden Milchkühen ist eine effektive Gluconeogenese der wichtigste Weg, um eine ausreichende Glucose-Konzentration im Blut aufrechtzuerhalten. Sie hat gegenüber anderen Stoffwechselvorgängen Priorität.
Der Laktationsstart ist gekennzeichnet durch einen schnellen Anstieg der Milchleistung und eine zeitlich verzögerte Zunahme der Futteraufnahme. Die Milchproduktion hat gegenüber den anderen Stoffwechselvorgängen Vorrang. So ist beispielsweise der Eintritt von Glucose ins Eutergewebe insulinunabhängig. Der Energiebedarf wächst schneller als die Energieaufnahme. Es kommt zu einer negativen Energiebilanz. So sinkt die Insulinkonzentration, während die Blutkonzentrationen von Glucagon und STH (Wachstumshormon) erhöht sind. Daraus resultiert eine Mobilisation von Körperreserven (Depotfett, Muskulatur). Die Konzentrationen der nicht-veresterten Fettsäuren (NEFA) im Blut steigen an. In der Leber werden diese entweder in der beta-Oxydation (siehe Abb. 2) zu Acetyl-CoenzymA verarbeitet und dann in den Krebszyklus eingeschleust mit dem Ziel, Energie zu gewinnen oder sie werden, wenn die Verarbeitungskapazität überschritten wird, in der Leberzelle reverestert und in Form von Triglyceriden „zwischengelagert“. Diese Fettvakuolen sind raumfordernd und verdrängen das aktive Cytosol, so dass die Kapazität für Stoffwechselvorgänge erniedrigt wird. Es entsteht eine Fettleber.
Im Krebszyklus ist für die Verarbeitung von einem Acetyl-CoenzymA Oxalacetat notwendig (siehe Abb. 3). Die Verfügbarkeit von Oxalacetat ist somit massgebend für die Verarbeitung von Acetyl-CoenzymA. Steht nicht genug davon zur Verfügung, so werden vermehrt Ketonkörper (Acetoacetat, beta-Hydroxybutyrat, Aceton, siehe Abb. 2) gebildet und ins Blut abgegeben.
Oxalacetat ist jedoch auch ein wichtiges Substrat für die Gluconeogenese (siehe Abb. 1). Die Produktion von Glucose aus Laktat, Pyruvat und Propionat läuft über Oxalacetat. Der Abbau von Acetyl-CoenzymA und die Glugoneogenese konkurrieren auf dieser Stufe.
Klinische Symptome
Ketonkörper können in verschiedenen Geweben zur Energiegewinnung oder zur Fettsynthese genutzt werden. Sie werden insbesondere über den Harn und die Milch, aber auch via Ausatmungsluft ausgeschieden. Zu einer manifesten Ketose kommt es, wenn das Ausmass der Bildung von Ketonkörper das von Verbrauch und Ausscheidung überschreitet. Erhöhte Ketonkörperkonzentrationen beeinträchtigen die Fresslust (Teufelskreis) und können in schweren Fällen auch nervöse Symptome auslösen. Die Inappetenz ist zuerst wechselhaft, dann zunehmend, wobei zuerst Silage und Kraftfutter und schlussendlich auch Heu nicht mehr gefressen werden. Die Kühe magern ab und die Milchleistung geht zurück. [Dirksen u.a.]
Es wird oft die subklinische von der klinischen Ketose unterschieden. Bei den ersten Symptomen wie Abmagerung, Fressunlust, Milchrückgang und Verdauungsstörungen besteht ein fliessender Übergang; eine exakte Grenze kann nicht festgelegt werden und daher sollte auf diese Unterscheidung verzichtet werden.
Zusätzlich wird zwischen der primären und sekundären Ketose unterschieden. Die primäre Ketose ist allein alimentär bedingt. Bei der sekundären Ketose kommt es in Folge einer anderen Krankheit oder Störung zu einer Verminderung der Fresslust und deswegen nachfolgend zur Ketose.
Die Ketosen werden in drei verschiedene Typen aufgeteilt [Herdt Th]. Fliessende Uebergänge sind möglich.
Typ 1 tritt in der Regel bei hochleistenden Kühen 3 – 6 Wochen nach der Abkalbung auf. Es betrifft Kühe mit normaler Körperkondition und die Hauptursache ist Unterfütterung („Ketose der Armen“). Im Vordergrund stehen die produzierten Ketonkörper und nicht die Leberverfettung. Die Prognose ist gut.
Typ 2 tritt bei Kühen mit stark erhöhter Körperkondition bereits wenige Tage nach der Abkalbung auf („Ketose der Reichen“). Die Hauptursache ist exzessiver Körperfettabbau, welcher häufig bereits vor der Abkalbung beginnt. Im Vordergrund steht die Leberverfettung mit nachfolgender Beeinträchtigung aller Leberfunktionen. Die Prognose ist schlechter.
Der ruminale Typ tritt auf nach der Verfütterung von Silagen mit hohem Buttersäuregehalt. Die Prognose ist gut.
Diagnostik
Diagnose beim Einzeltier
Die klassischen klinischen Symptome einer Ketose wie Verzehrsdepression, Verdauungsstörung und Milchrückgang sind so unspezifisch, dass sie keine eindeutige Diagnose erlauben. Nur in schweren Fällen kann der typische obstartige Geruch in der Ausatmungsluft der Tiere festgestellt werden. Dabei scheint es so, dass genetisch bedingt einige Personen dies riechen können - und andere nicht. Also müssen Labormethoden herangezogen werden.
Ketonkörper verteilen sich in allen Körperflüssigkeiten, aber nicht mit identischen Konzentrationen. Für die Diagnosestellung wichtig sind Blut, Milch und Harn. Insbesondere bei hohen Gehalten ist die Konzentration von β-Hydroxybutyrat im Harn deutlich höher (Faktor 5.6) und in der Milch niedriger (Faktor 0.2) als im Blut. Bei Acetoacetat ist die Anreicherung im Harn noch grösser.
Diagnose in der Milch
Mittels Teststreifen wird β-Hydroxybutyrat nachgewiesen. Anhand einer Farbskala kann die Konzentration geschätzt werden. Bereits ab „+“ sollten die Tiere als „krank“ beurteilt werden. Die Sensitivität ist relativ gering, die Spezifität jedoch recht gut.
Diagnose im Blut
Die Entnahme der Blutprobe muss durch einen Tierarzt erfolgen. Die Messung der Konzentration von β-Hydroxybutyrat im Blut in einem Labor mittels einer anerkannten Methode gilt als Goldstandard (beste Methode für den Nachweis von Ketonkörpern). Seit wenigen Jahren kann für die Blutuntersuchung auch ein Schnelltestgerät (Abbildung links) direkt im Stall verwendet werden. Als Resultat wird innerhalb von wenigen Sekunden die Konzentration ausgegeben. Welcher Grenzwert angesetzt werden soll für die Unterscheidung zwischen „gesund“ und „krank“, wird in der Literatur unterschiedlich angegeben. Die zusätzliche Unterscheidung
zwischen subklinisch und klinisch ist anhand eines Laborwertes sinnlos.
Bewährt hat sich folgende Einteilung:
< 1 mmol / Liter = gesund
> 1 mmol / Liter und < 2 mmol / Liter = Übergangsbereich
> 2 mmol / Liter = eindeutig krank
Wichtig: Bei der sekundären Ketose ist eine andere Krankheit die Ursache für den Energiemangel. Man muss immer daran denken und im Rahmen einer klinischen Untersuchung abklären, ob eine andere Primärkrankheit (z. B. Mastitis, Metritis, Labmagenverlagerung) in Frage kommt, die infolge der dadurch verminderten Futteraufnahme eine Ketose begünstigt.
Diagnose Bestand
In den in der Schweiz üblichen Bestandesgrössen ist ein Monotoring der Ketose sinnvoller als eine punktuelle Untersuchung. Das ideale Zeitfenster ist die letzte Woche vor bis 2 (-3) Wochen nach der Abkalbung. Im Vordergrund steht dabei die Bestimmung von β-Hydroxybutyrat in den ersten Laktationstagen. Ein vernünftiges Ziel ist es, dass maximal 20 % der Kühe Blutkonzentrationen von mehr als 1.4 mmol/L haben (Duffield). Bei gehäuften Problemen macht es Sinn, Untersuchungen bereits vor der Abkalbung durchzuführen. Innerhalb der letzten 14 Tagen vor dem erwarteten Abkalbetermin wird dabei die Konzentration der freien Fettsäuren bestimmt. Ein wissenschaftlich begründeter Zielwert kann noch nicht angegeben werden. Ein Richtwert kann sein, dass maximal 30 % der Kühe oberhalb von 0,5 mmol/L liegen.
Indirekte Methoden beziehen sich auf die Fettmobilisation. Je höher diese ausfällt, desto wahrscheinlicher wird die Kuh an einer Ketose leiden.
Der Milchfettgehalt steigt bei starker Fettmobilisation an. Die Interpretation macht man am besten mit Hilfe von einer Grafik. Dabei werden nur Kühe in den ersten 60 (- 100) Laktationstagen beurteilt. Fettgehalte zwischen 4.5 und 5 % sind tendenziell, Werte von > 5 % eindeutig zu hoch. Entweder interpretiert man eine einzelne Milchkontrolle oder die Wägungsresultate mehrerer Monate, aufgetragen auf die Laktationstage.
Ähnlich kann auch der Quotient von Milchfett über Milcheiweiss (FEQ) interpretiert werden. Werte > 1.5 sprechen für eine erhöhte Körperfettmobilisation. Andere Autoren bevorzugen einen Grenzwert von 1.33. Moderne Bestandsbetreuungsprogramme lassen komplexere Analysen zu. Beispielsweise kann der Anteil der Resultate bestimmt werden, welche in den ersten 30 Laktationstagen einen FEQ > 1.33 aufwiesen (Beispiel). Ergibt das Resultat einen Wert von > 40 %, so ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass im Betrieb Ketose ein Problem darstellt.
Durch den Fettabbau verändert sich die Körperkondition der Kuh. Anhand eines Punktesystems (BCS) kann diese geschätzt werden. Für die Beurteilung der Fettmobilisation berechnet man am besten die Differenz von der Abkalbekondition zum tiefsten Wert der anschliessenden Laktation. Die Resultate werden in einem Häufigkeitsdiagramm dargestellt. BCS-Verluste bis 0.5 Punkte sind gut, bis 0.75 tolerierbar und darüber eindeutig zu hoch. Haben mehr als 10 % der Kühe innerhalb einer Herde bei der Abkalbung einen BCS von ≥ 4, ist die Wahrscheinlichkeit für Ketoseprobleme während der Frühlaktation gross.
Risikofaktoren/Ursachen
Risikofaktoren für eine Ketose
Prinzipiell müssen alle Faktoren, welche Anfangs der Lakatation entweder den Energiebedarf steigern oder die Energieaufnahme sowie -verwertung reduzieren und somit die negative Energiebilanz erhöhen, als Risikofaktoren angesehen werden. Etwas spezieller sind diejenigen Faktoren, welche die Fettmobilisation direkt fördern, zur mangelnden Verfügbarkeit von Vorläufersubstanzen für die Gluconeogenese führen oder die Verabreichung von Futtermitteln, aus denen „direkt“ Ketonkörper gebildet werden.
Hoher Energiebedarf
- Hohe Milchleistung
- Hohe Milchinhaltsstoffe, insbesondere Fett
Zu geringer Futterverzehr
- Zu wenig Futter vorgelegt
- Es werden zu wenig Krippen- oder Weidereste toleriert
- Inappetenz wegen einer anderen Krankheit oder Lahmheit
- Soziale Faktoren (Krippenzugang, Fressplatzbreite etc.)
- Wenig Hunger, da leicht Fett mobilisiert wird
Zu geringe Energiedichte in der Ration
- Das Milchproduktionspotenzial der Futtermittel wird überschätzt
- Die Ration ist falsch zusammengesetzt und/oder berechnet
- Es wird Kraftfutter gespart
Schlechte Verwertung der Futtermittel im Pansen
- Subakute Pansenazidose
- Zu grosse Einzelportionen Kraftfutter und/oder Futtermittel mit schnell verfügbarer Energie
- Zu hoher Anteil Kraftfutter in der Ration
- Das Grundfutter ist zu wenig strukturiert
- Nicht ans Kraftfutter adaptierte Pansenflora
- Falsche Futtermittelreihenfolge
- Verdorbene Futtermittel
Hohe Fettmobilisation
- Zu gute Körperkondition bei der Abkalbung (BCS > 4)
Zu wenig Substanzen für Gluconeogenese
- Die Ration hat zu wenig Futtermittel zur Bildung von Propionat
- zu wenig Stärke
- schlechte Verwertung der Futtermittel im Pansen
- Subakute Pansenazidose
- Zu grosse Einzelportionen Kraftfutter und Futtermittel mit schnell verfügbarer Energie
- Zu hoher Anteil Kraftfutter in der Ration
- Das Grundfutter ist zu wenig strukturiert
- Nicht ans Kraftfutter adaptierter Pansen
- Schlechte Futtermittelreihenfolge
Futtermittel mit Substanzen, aus denen „direkt„ Ketonkörper gebildet werden
- Buttersäure in der Silage
- Ketogene Futtermittel wie Zuckerrüben
Prophylaxe
Prophylaxemassnahmen zur Verhinderung einer Ketose
Welche prophylaktische Massnahmen bei einem Einzelfall oder bei gehäuften Fällen von Ketose in einem Betrieb ergriffen werden müssen, richtet sich danach, welche Risikofaktoren im Betrieb vorgefunden werden.
Hoher Energiebedarf
Eine gute Milchleistung mit hohen Milchinhaltsstoffen ist eigentlich erwünscht und vorwiegend genetisch bedingt. Der Betrieb muss jedoch bereit sein und auch die Möglichkeiten besitzen, diesen Bedarf mit geeigneten Futtermitteln abzudecken. Ansonsten sollte durch züchterische Massnahmen die Milchleistung begrenzt werden.
Energiemangel
Milchkühe sollten während dem ganzen Tag (24 Stunden) Zugang zu qualitativ gutem Futter haben. Weidereste oder 5 -10% Krippenreste (Krippenindex) müssen toleriert werden. Das Futter muss mehrmals täglich nachgeschoben werden. In Laufställen müssen genügend Fressplätze vorhanden sein, keine Überbelegung. Für jede Kuh muss ein Liegeplatz zur Verfügung stehen und anzustreben sind ebenso viele Fressplätze. Der Zugang zur Futterkrippe sollte durch die richtige Planung der Laufgänge auch für in der sozialen Hierarchie niedrige Tiere jederzeit möglich sein.
Futterration
Die Ration muss der Leistung der Tiere angepasst sein. Nur eine Berechnung derselben zeigt den wirklichen Bedarf auf. Entsprechend muss die Ration angepasst werden. Damit die dargebotenen Futtermittel gut verwertet werden können, muss die Anfütterung während der Transitphase konsequent durchgeführt werden. Die Futtermittelreihenfolge muss so angepasst werden, dass das Angebot im Pansen an abbaubarer Energie und abbaubarem Eiweiss jederzeit in einem guten Verhältnis steht. Bei diesem Punkt muss speziell auf schnell abbaubare Komponenten (Kraftfutter, Rüben, Harnstoff etc.) geachtet werden. Bei den Grundfuttermitteln muss bei der Ernte und Zubereitung darauf geachtet werden, dass möglichst viel Struktur erhalten bleibt. Verdorbene Futtermittel oder Silagen mit einem zu hohen Buttersäuregehalt gehören nicht in die Krippe einer Milchkuh.
Zu hohe Körperkondition zur Abkalbung
Kühe mit einem hohen BCS-Wert zur Abkalbung mobilisieren viel zu schnell und einfach Fett, häufig bereits vor der Abkalbung. Wegen dem fehlenden Hungergefühl wird zu wenig Futter aufgenommen und der Verzehr nimmt ungenügend zu. Ketose und Leberverfettung sind oft die Konsequenz. Die Körperkonditions-Prophylaxe beginnt bereits am Ende der vorangehenden Laktation. Tiere sind im letzten Drittel der Laktation so zu füttern, dass sie die gewünschte Abkalbekondition (BCS 3 – 3.5) zum Trockenstellen erreichen. Während der Trockenstehzeit dürfen sie weder zu- noch abnehmen. Im letzten Drittel der Laktation müssen Kühe also primär nicht nach Leistung, sondern nach Körperkondition gefüttert werden. Während der Galtzeit müssen sie getrennt von den laktierenden Tieren gehalten werden und benötigen eine angepasste Futterration.
Zu wenig Substanzen für Gluconeogenese
Stärke ist diejenige Kohlenhydratfraktion, welche am sichersten Vorläufersubstanzen für die Gluconeogenese liefert. Der pansenabbaubare Teil wird zu Propionat abgebaut, welches in der Leber via Oxalacetat der Gluconeogenese zur Verfügung steht. Pansenstabile Stärke wird im Labmagen-Darm-Bereich durch körpereigene Enzyme verarbeitet und direkt als Glucose resorbiert. Bei der Erhöhung des Stärke-Anteils in der Ration muss aber darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer Pansenazidose kommt (kleine Einzelportionen, genügend und gut strukturiertes Grundfutter etc). Den Einsatz von Propylenglycol oder Natriumpropionat empfehlen wir nur vorübergehend.
Therapie
Bei der tierärztlichen Therapie der Ketose versucht man, auf verschiedenen Stufen des Stoffwechsels einzugreifen.
Substitution von Glucose
Die tierärztliche Behandlung beinhaltet in der Regel eine einmalige intravenöse Verabreichung einer konzentrierten Glucoselösung (20 - 50 %). Dadurch wird der Blutglucosespiegel für wenige Stunden auf ein so hohes Niveau gestellt, dass die Konzentration der Hormone, welche die Fettmobilisation fördern, abnimmt. So geht auch die Menge an Acetyl-Coenzym A, von der β-Oxidation herkommend, zurück. Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass der Rest via Krebszyklus abgebaut werden kann und somit die Produktion von Ketonkörper zurückgeht (siehe Abb. 1). Der Teufelskreis von Ketonkörper -> wenig Appetit -> Energiemangel -> erhöhte Fettmobilisation -> erhöhte Ketonkörper kann unterbrochen werden. Bei schwerwiegender Ketose kann Glucose im Dauertropf verabreicht werden oder die Glucose-Infusion wird nach 24 Stunden wiederholt.
Wichtig: Mit der Gabe von Glucose per os kann diese Wirkung nicht erreicht werden. Die Glucose wird von den Pansenmikroben abgebaut. Es besteht sogar die Gefahr, dass sich eine subakute Pansenazidose entwickelt und sich deswegen auch die Ketose verschlimmert.
Substitution von gycogenen Substanzen
Mit dieser Massnahme will man zwei Ziele erreichen. Als erstes soll damit genügend Oxalacetat zur Verfügung gestellt werden, damit Acetyl-Coenzym A im Krebszyklus verwertet werden kann, anstatt alternativ Ketonkörpern zu synthetisieren. Zweitens soll die Gluconeogenese gefördert werden, um den Blutzuckerspiegel zu heben (siehe Abb. 2). Eingesetzt werden Natriumpropionat, Glycerin und Propylenglycol. Letzteres wird von den Pansenmikroben ebenfalls in Propionat umgebaut.
Glucocorticoide
Die Glucocorticoide fördern vermutlich primär die Produktion von Oxalacetat aus Pyruvat durch das Enzym Pyruvatcarboxylase (PC, siehe Abb. 3). Dadurch wird die Gluconeogenese angeregt. Als Nebenwirkung verringert es aber auch die Milchproduktion und somit sinkt der Energiebedarf.
Begleitende Massnahmen
Bei einer sekundären Ketose muss natürlich gleichzeitig die Primärkrankheit behandelt werden. Die Managementmassnahmen, Haltungsbedingungen und Futterration sollten so angepasst werden wie bei den Prophylaxemassnahmen beschrieben. Das primäre Ziel ist es, die Energieaufnahme zu steigern und auch geeignete Futtermittel für die Gluconeogenese zur Verfügung zu stellen.